EYOF Tagebuch – Inge Grünwald
Von 24.07 bis 29.07.2017 fanden in Györ/HUN die Europäischen Olympischen Jugendspiele statt. 10 Sportarten, darunter auch die Leichtathletik, wurden vom Österreichischen Olympischen Comitee mit ihren stärksten Teams entsandt. Seit 1991 ist das European Youth Olympic Festival für viele junge Sportlerinnen und Sportler die erste große internationale Bühne um sich sportlich zu messen – darunter auch die Salzburgerin Ingeborg Grünwald (USLA).
Mit ihren tollen 6,09m im Weitsprung sicherte sich Inge einen der 12 heißbegehrten Leichtathletikplätze für das U-17 Highlight des Jahres. Dass das Abenteuer EYOF ein ganz besonderes werden würde, war nach der Kick-off Veranstaltung mit Einkleidung, Team Building Maßnahmen und Medienschulung klar. Mit diesem Tagebuch wollen wir Ingeborg ein bisschen durch eine spannende Leichtathletikwoche in Ungarn begleiten!
Freitag 21.07.2017
Kurz vor 4 Uhr treffen sich Inge und Olivia Raffelsberger am Salzburger Bahnhof - bereit für das Abenteuer EYOF. Die Beiden reisen bereits einen Tag früher nach Wien, denn die gemeinsame Anreise von Wien nach Györ mit den ÖOC am Samstag ist recht zeitig in der Früh angesetzt. Auch die bereits am Montag stattfindende Qualifikation ist ein Grund zu dieser Entscheidung. In Wien angekommen geht es direkt zum Abendessen in die Innenstadt und einen gemütlichen Eistee über den Dächern Wiens. Das Abenteuer EYOF beginnt ja schon mal gut, denken die Beiden bevor es zeitig ins Bett geht.
Samstag 22.07.2017
Heute beginnt das Abenteuer EYOF ganz offiziell! Im rot-weiß-roten Teamoutfit machen sich Inge und Olivia Raffelsberger auf den Weg zum Treffpunkt. Das gesamte Österreichische Team trifft sich zur gemeinsamen Anreise am Busbahnhof VIB/Edberg und reist gemeinsam an. It´s GAMES TIME motiviert Christoph Sieber die Österreichischen Athletinnen und Athleten der verschiedenen Sportarten. Die Fahrt nach Györ dauert nicht lange und schon nach 2 Stunden Fahrzeit können die Zimmer im Athletendorf bezogen werden. Die Leichtathletikgirls teilen sich ein großes Appartement das zwar spärlich, aber zweckmäßig eingerichtet ist. Der restliche Tag wird damit verbracht, Buslinien, Essenszelt und Stadion zu erkunden bevor es wieder relativ bald ins Bett geht.
Sonntag 23.07.2017
Nur noch einen Tag bis zur Weitsprungqualifikation. Eine letzte Aktivierungseinheit am Vormittag soll den letzten Feinschliff für die beiden kommenden Tag geben. Am Abend noch ein letztes Einschwören durch Teamleiter Wolfgang Adler, sonst passiert heute nicht mehr viel. Es heißt Ruhe bewahren und die Konzentration auf den kommenden Tag lenken. Während das restliche Team die Eröffnungsfeier genießt bleibt Inge im Athletendorf.
Montag 24.07.2017
Der Tag beginnt für Inge heute um 7:30 Uhr. Um 8:00 Uhr geht es zum gemeinsamen Frühstück ins Essenszelt gleich neben dem Athletendorf. Heute greift Inge neben dem Standardprogramm auch zu einer Banane, um genügend Energie für die erst um 17:20 Uhr angesetzte Weitsprungquali zu haben. Bis halb 12 geht’s ab aufs Zimmer – ein bisschen Beine hoch und chillen. Gemeinsam mit Sprinterin Ina Kannenberg fährt Inge mit dem Bus ins nahe gelegene 2. Athletendorf zum Mittagessen – keine langen Wege, aber man will hier wenig Zeit mit Anstellen, Sicherheitskontrolle und langen Schlangen am Buffet verschwenden. Nicht länger als 10 Minuten dauert das Mittagessen bevor es wieder zurück ins Athletendorf geht. Letzte Vorbereitungen müssen getroffen werden. Inge positioniert ihre Startnummer auf Dress, Wettkampfjacke und Rucksack und lässt sich von Zimmerkollegin Melissa die Frisur machen. Alles ist vorbereitet! Kurz vor 15:00 Uhr macht sich Inge auf den Weg ins Stadion. Coach Csaba Szekely und Olivia Raffelsberger warten bereits im Stadion auf Inge, die mit einer sichtlichen Vorfreude auf die Quali ins Stadion kommt. Ein paar Minuten sind noch Zeit, bis es auf den Aufwärmplatz geht. Mit Donner, Blitzen, Hagel und strömendem Regen wird Inge dort empfangen. Ein kräftiges Gewitter entlädt sich über dem Aufwärmplatz und endet ein paar Minuten vor Inges geplantem Warm-up – ein gutes Zeichen. Auch die Weitspringerinnen der anderen Nationen sind bereits am Platz, doch Inge bleibt fokussiert bei ihrem Aufwärmprogramm und lässt sich nicht ablenken. Kein Funken Unsicherheit oder Nervosität ist jetzt mehr spürbar - ,,ich fühle mich heute gut!“ 55 Minuten vor dem Bewerb geht es in den Callroom, dort kann nicht mehr viel gemacht werden, bevor es an die Anlage geht. Gemeinsam mit 18 anderen Athletinnen kommt Inge dann ins Stadion. Sie wirkt ruhig und entschlossen. Nach dem Ausmessen des Anlaufs und Anlaufkontrollen werden die Athletinnen vom Sprecher vorgestellt – jetzt geht es gleich los! Inge startet in der Gruppe B, die 2. Qualifikation findet jedoch direkt an der Nebenanlage statt - also die Konkurrenz (zumindest für die Coaches) gut im Blick. Erste Weiten der Konkurrenz werden notiert. 5,85m wären für eine direkte Qualifikation für das Finale notwendig, oder eine Top 12 Platzierung. Dann steht Inge im Anlauf! Die beginnt ihren Anlauf schnell – trifft das Brett sehr gut und landet bei starken 5,99m. Der Fotograf bekommt heute keine Chance mehr auf ein Bild von Inge, denn dieser Sprung führte Inge direkt ins Finale. Sichtlich gelöst wartet sie das Ende der Qualifikation im Innenraum ab, ehe sie auf den Aufwärmplatz für ein paar Joggingrunden und eine kurze physiotherapeutische Maßnahme bei Jan Siart verschwindet. Was für ein guter Start ins Abenteuer EYOF – schnell zum Abendessen und ab ins Bett!
„Die Qualifikation ist genauso verlaufen wie wir sie geplant hatten. Ich konnte mich vollkommen auf meinen Sprung konzentrieren und alles ausblenden, was mich hätte ablenken können. Meine Nervosität, die sich in den letzten Tagen aufgestaut hatte, war wie weggeblasen, als ich beim Aufwärmplatz ankam. Dass ich dann auch noch die fürs Finale benötigte Weite gleich im ersten Versuch schaffte, hat mir auch mehr Selbstbewusstsein für den nächsten Tag gegeben“, freut sich Inge nach der Weitsprungqualifikation.
Dienstag 25.07.2017
Um 8:00 Uhr treffen sich Inge und Olivia Raffelsberger vor den Zimmern - ,,heute habe ich nicht ganz so gut geschlafen, ein bisschen nervös bin ich schon“, erzählt sie, während sich die Beiden auf den Weg zum Frühstück machen. Beim Frühstücksbuffet schlägt Inge heute zu, denn zum Mittagessen hat sie heute nur einen kleinen Snack eingeplant. Den Vormittag verbringt Inge mit ihren Zimmerkolleginnen bevor es um 11:30 Uhr wieder zum Essenszelt geht. In der Warteschlage werden noch Nationenpins mit Moldawischen Judokas geteilt bevor es um Punkt 12 in das riesig große Essenszelt geht. Inge greift wie gestern zu Nudeln mit Sauce – eine winzige Portion! Am Weg zur Unterkunft trifft Inge noch Coach Csaba Szekely, um sich letzte Tipps zu holen. Die Stimmung ist gut! Wie am Vortag werden die Haare zu einem kunstvollen Zopf geflochten und alles Nötige in den Rucksack gepackt. Mit dem Bus macht sich Inge auf den Weg ins Stadion und zieht sich ins Massagezelt am Aufwärmplatz zurück. Bis zum Weitsprungfinale ist noch ein wenig Zeit. Die Zuschauertribüne füllt sich in der Zwischenzeit. Auch die Eltern und Schwester Agata haben sich in den ersten Reihen nahe der Weitsprunganlage die besten Plätze reserviert. Am Aufwärmplatz herrscht bereits reges Treiben und auch Inge startet ihr Warm-up in gewohnter Manier. Alles läuft nach Plan! ,,Meine Beine fühlen sich heute besser an als gestern“, freut sich Inge nach letzten Hopserläufen am Weg zurück ins Zelt. Auf den Punkt betritt Inge den Callroom und verschwindet gemeinsam mit den anderen 11 Finalistinnen in eine weiße Box. Heute werden die Top 12 von einem ordentlichen Rückenwind im Stadion empfangen. 7 Schuhlängen verlängert Inge ihren gewohnten Anlauf für den ersten Versuch, der gleich auf 6,05m geht. Wie am Vortag wirkt Inge entschlossen und sehr konzentriert. Nach dem 2. Versuch geht ein Freudenschrei durch das Stadion – 6,23m und die deutliche Führung für Inge. Doch es ist noch lange nichts entschieden – die Konkurrenz probiert alles um heranzukommen, hat aber mit Problemen im Anlauf zu kämpfen. Vor dem 6. Durchgang ist klar – 4 Mädels haben das Potential für Gold, Silber und Bronze. Die Schwedin Tilde Johansson (mit pb 6,50m) schiebt sich mit 6,10m auf Rang 3 vor und verdrängt die starke Lettin auf Blech. Der Konterversuch ist wirklich stark, aber minimal übertreten. Nur noch die Spanierin Alvarez Becerril, die ihre persönliche Bestleitung mit 6,15m im 2. Versuch aufstellte, kann Inge jetzt noch gefährlich werden – doch die Anzeigentafel zeigt 6,04m. Laute Schreie auf den Zuschauerrängen, die Inge neben rhythmischem Klatschen beim letzten Versuch begleiten. Sie zaubert einen tollen Sprung in die Grube – leider ungültig – aber in diesem Moment völlig egal, denn der EYOF-Sieg stand bereits fest! Was für ein Erfolg der sich in großen Emotionen nun endlich entlädt! Gold im Weitsprung, 6,23m (+4,8m/s) und die erste Goldmedaille (w) für Österreichs Leichtathleten bei den EYOF.
„Mit acht Jahren ist Inge zur USLA gekommen, lange konnte ich mir nicht vorstellen, dass eine Springerin aus Inge wird, eher 400m Hürden. Heute hat sie es allen gezeigt! Beim Training ist sie lieber 1,5 Stunden zu früh als eine Minuten zu spät. Sie trainiert mit einer Konsequenz und Zielstrebigkeit die beeindruckend ist. Ihre harte Arbeit und professionelle Einstellung wurde heute belohnt“. – Csaba Szekely
„Inge hat in den letzten Tagen ihr Ding durchgezogen - mit einer souveränen Selbstverständlichkeit die uns alle beeindruckt hat. Natürlich hofft man, dass die Nerven halten, aber diese Souveränität und Entschlossenheit konnte man sich kaum erträumen! Es war einfach ein unglaublich schönes Erlebnis Inge so selbstsicher, stark und überzeugend im Weitsprunganlauf zu sehen und sich mit ihr über diese Goldmedaille zu freuen“. - Olivia Raffelsberger
Mittwoch 26.07.2017
Gegen 9:00 trudelt Ingeborg strahlend beim Frühstück ein. Sie hat die EYOF Zeitung Hugoo bereits in der Hand, deren Cover sie mit einem ausdrucksstarken Foto ziert. Inge lässt den Tag heute gemütlich Beginnen und verbringt den Vormittag in der Fun-Zone des Athletendorfes. Gegen Mittag trifft sie im Stadion ein, die Siegerehrung ist für den frühen Nachmittag geplant.
„Zum ersten Mal in der ganzen Woche konnte ich mich so richtig entspannen und auch die anderen aus meinem Team anfeuern. Nachdem ich seit einigen Monaten auf vieles verzichtet habe, konnte ich es mir heute so richtig gut gehen lassen“, gibt sich Inge entspannt.
Statt mit dem restlichen Team Essen zu gehen stehen für Inge einige Pressetermine beim OÖC auf dem Plan. Geduldig und mit einem breiten Grinser erfüllt sie hier alle Anfragen für Fotos und Co.
Donnerstag 27.07.2017
Neben einem kurzen Auftakttraining für die morgige Staffel steht heute nicht viel auf dem Programm. Inge verbindet das Training mit der Nachmittagssession und unterstützt ihre Teamkollegen lautstark. Das Österreichische Team ist immer noch im Erfolgsflow und das Team scheint auf die Top-Ergebnisse und Platzierungen verbucht zu sein – so gefällt uns das! Nur zwei Österreichische Starter am heutigen Wettkampftag – umso erfolgreicher Hürdenläufer Leo Köhldorfer, der sich Bronze über 400m Hürden erkämpft. Bereits die 2. Medaille für das Leichtathletikteam – Wahnsinn!
Freitag 28.07.2017
Heute steht noch das 4x100m Semifinale auf Inges Wettkampfplan – seit gestern ist Inge wieder im Wettkampfmodus und bereitet sich konzentriert auf ihren 3. Einsatz für das Österreichische Team vor. Leider ist das Glück heute nicht auf der Seite der vier Girls und die Staffel wird wegen Übergabefehlern disqualifiziert. Die betrübt Stimmung verflieg aber schnell und die Girls schwören sich auf nächstes Jahr ein. Bei der U-18 EM 2018 (ebenfalls in Györ) wollen sie gemeinsam besser laufen und ihr Potential zeigen.
Samstag 29.07.2017
Heute steht der letzte Wettkampftag auf dem Programm. Die Mädels verbringen einen gemütlichen Vormittag in der Stadt und kommen gegen 14:00 Uhr in Stadion. Es stehen noch einige Finali mit Österreichischen Hoffnungen auf Medaillen an. Anna Baumgarnter komplettiert die Österreichische Medaillensammlung und holt Bronze über 1500m – ein gelungener Abschluss für das erfolgreiche Team, das nicht nur durch sportliche Erfolge sondern auch durch außergewöhnlichem Teamspirit und Disziplin glänzte. Vor der Abschlussfeier ehrt das OÖC noch alle Sportlerinnen und Sportler, dann geht es zum Tanzen und Feiern ins Athletendorf. (Open End)
„Was für eine unglaubliche Woche. Ich habe von einer Medaille geträumt und das es am Tag X aufgegangen ist, ist einfach der Wahnsinn. Ich habe nicht nur den Wettkampf genossen, sondern auch alles rundherum und die Zeit mit meinem Team und werde sicher viel für die Zukunft mitnehmen“, bringt Ingeborg Grünwald ihr EYOF-Abenteuer auf den Punkt.
Bilder: ©GEPA/SLV